3 Fragen von Amnesty International

Hier einige Wahlprüfsteine, die mir die Amnesty International (ai) Ortsgruppe Göttingen vorgelegt hat zusammen mit meinen Antworten:

Frage 1: Asylpolitik
Derzeit gelten in Deutschland über 85.000 Menschen als „geduldet“. Es handelt sich um Asylbewerberinnen und Asylbewerber, von denen fast 40.000 schon seit über sechs Jahren hier leben. Der ständige Gedanke, bald zur Ausreise aufgefordert zu werden und deshalb nie weit im Voraus planen zu können, gehört zu ihrem Alltag. Die Aufnahme von Arbeit ist ihnen meist nicht (und falls doch, dann nur unter großen Schwierigkeiten) möglich, ihr Ansehen ist schlecht und finanzielle Mittel sind kaum vorhanden.

Was würden Sie tun, um diese Situation zu verbessern?

Alle Menschen die in diesem Land leben, sollten die gleichen Rechte und Pflichten haben. Dass durch die aktuelle Asylgesetzgebung Menschen über Jahre in permanenter Angst um ihr Aufenthaltsrecht leben müssen, ist ein Skandal. Dieses Aufenthaltsrecht ist für die Betroffenen mitunter eine Frage auf Leben und Tod.
Wir Piraten setzen uns für eine Erweiterung der anerkannten Asylgründe ein, etwa um Verfolgte aufgrund von sexueller Identität, vor Klima- und Umweltkatastrophen oder existenzbedrohender Armut. Asylverfahren müssen zügig und nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Antragsteller“ erfolgen, die Menschen Arbeitserlaubnisse erhalten und die freie Wahl des Aufenthaltsorts eingeräumt werden (Abschaffung der Residenzpflicht). Die Verschiebepraxis der EU lehnen wir ab.
Als Direktkandidat möchte ich ergänzen, dass ich für eine Politik der offenen Grenzen stehe: Wer seine Heimat verlässt und den langen Weg zu uns in ein fremdes Land auf sich nimmt, wird dafür gute Gründe haben und sollte mit offenen Armen empfangen werden. Statt der Begrenzung der Zuwanderung sollte die Integration von Flüchtlingen und die Bekämpfung der Fluchtursachen im Zentrum der Politik stehen.

Frage 2: Verfolgung politisch Andersdenkender, NSA-Aktivitäten, Guantanamo, …
Russland, China und die USA sind bedeutende Handelspartner. In der Vergangenheit konnten wir immer wieder beobachten, dass man sich gegenüber ihnen und der Öffentlichkeit mit kritischen Kommentaren bezüglich Verletzungen der Menschenrechte zurückhält. Ein ehemaliger Bundeskanzler bezeichnet Herrn Putin sogar als „lupenreinen Demokraten“.

Wie stehen Sie dazu? WELCHE Missstände würden Sie WIE ansprechen?

Meine Partei versteht sich als Bürger- und Menschenrechtspartei. Diese Grundsäulen demokratischen und zivilen Zusammenlebens weder wir auf dem Alter der „Sicherheit“ noch aus dem von „Wirtschaftsinteressen“ opfern. Der erste Adressat für Proteste gegen Menschenrechtsverletzungen muss aber die eigene Regierung sein: So hat die NSA-Affäre gezeigt, dass gerade Deutschland zu den am meisten ausgespähten Ländern der Welt gehört und in Welchem Ausmaß unsere eigene Regierung und Geheimdienste mit der NSA gegen uns Bürger kollaborieren. Die Kritik an den Geheimdiensten anderer Staaten ist das eine – viel wichtiger wäre es, selbst den Weg in die Überwachungsgesellschaft zu verlassen!
Ganz ähnlich sehe ich die Dinge, was andere Menschenrechtsverletzungen angeht: Zunächst einmal müssen wir aufhören, selbst an Kriegen und Menschenrechtsverletzungen zu verdienen, zum Beispiel indem wir Exporte von Waffen oder Überwachungstechnologie verbieten: Die von der Syrischen Regierung gegen die Opposition eingesetzte Überwachungstechnologie wurde beispielsweise von Siemens geliefert, gleiches gitl für viele andere autoritäre Staaten.
Erst der letzte Schritt liegt darin, andere Länder auch direkt zum Einhalten der Menschenrechte aufzufordern. Hier gilt es, genau abzuwägen, wie groß die Einflussmöglichkeiten faktisch sind: Zerstörte diplomatische Beziehungen nützen niemanden, am wenigsten den betroffenen Menschen.

Frage 3: Israel/Mordechai Vanunu
Unsere Gruppe betreut bereits seit mehreren Jahren den Fall des israelischen Staatsbürgers Mordechai Vanunu. Er hat der Weltpresse in den 80er Jahren konkrete Informationen über die atomare Aufrüstung Israels gegeben. Was schon damals vermutet wurde, hat er belegt. Nach Absitzen seiner Haftstrafe (18 Jahre), wird ihm noch immer die Ausreise zu seiner Familie verboten. Er wird überwacht und seine Freiheit beschnitten. Kontakte zu Pressevertretern sind ihm verboten. Immer wieder wird er willkürlich in Haft genommen, ohne einem Richter vorgeführt zu werden.

Würden Sie sich konkret für den Fall von Mordechai Vanunu einsetzen?

Uns Piraten ist der Schutz von „Whistleblowern“ sehr wichtig (auch wenn es den Begriff in den 80er Jahren, als Vanunu seine Informationen veröffentlichte, noch nicht gab). Wer „den Verrat nichtswürdiger Geheimnisse“ (I. Bachmann) betreibt, hat unser aller Hochachtung und Schutz verdient. Darüber hinaus sollte selbstverständlich JEDER, der seine Strafe (für was auch immer) verbüßt hat, mit vollem Rechten in die Gesellschaft zurückkehren, also auch dem Recht zu reisen, mit Pressevertretern zu reden und dem Schutz vor willkürlicher Verhaftung.
Als Bundestagsabgeordneter der Piraten würde ich mich auch konkret für den Fall Vanunu einsetzen – sowohl, weil uns Piraten der Schutz von Whistleblowern generell am Herzen liegt, als auch als auch, weil wir die Beteiligung von Bürgern an der Politik stärken wollen und ich es daher als meine Aufgabe sähe, der Arbeit der ai-Gruppe meines Wahlkreises auch auf parlamentarischer Ebene Gehör zu verschaffen.

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